Steven Greer und das Disclosure Project
von Richard Dolan, erstmals veröffentlicht im UFO Magazine, Oktober/November 2001
übersetzt von Raphael Maercker

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Die Ankunft von Steven Greer in der Welt der Ufologie bedeutet sozusagen eine Heirat zweier gegensätzlicher Gedanken.

Auf der einen Seite hat Greer die niedergetretene und verlassene Fahne erhoben, die Jahre zuvor von Donald Keyhoe getragen wurde. Dies ist der Kampf, die UFO-Geheimhaltung zu beenden. Ähnlich wie Keyhoe hat Greer seit mehr als zehn Jahren außerordentliche Anstrengungen darauf gegeben, sich auf die Fälle mit „Schrauben und Bolzen“ zu konzentrieren, hohe Beamten der Regierung zu informieren, auf Kongressanhörungen zu drängen und viele Leute vom Militär zu sammeln, die bereit waren, ihre Karrieren (und Schlimmeres, sagen einige) an den Nagel zu hängen, um es zu diskutieren. Das ist seine Enthüllungs-Initiative, die ihren Höhepunkt in der Pressekonferenz am 9. Mai 2001 hatte. Ob gut oder schlecht, es war ein historisches - genau, ein historisches - Ereignis  in der Geschichte der Ufologie.

Es gibt noch eine andere Seite an Greer, die an die alte Kontaktler-Bewegung erinnert (obgleich mit einigen speziellen Abweichungen). George Adamski, die aller erste Ikone dieser Bewegung, behauptete, sich mit Weltraumbrüdern von der Venus getroffen und über den Nutzen für die Menschheit gesprochen zu haben, ihr kriegerisches Wesen zu heilen. Greer ist nicht so primitiv. Er behauptet dennoch, Wissen über diese Wesen zu besitzen, zum Teil auf eine Art von Kommunikation mit ihnen basierend. Das ist seine Initiative für Nahbegegnungen der Fünften Art (CE-5), was vom Menschen ausgehender Kontakt mit außerirdischen Wesen oder Intelligenzen bedeutet. Um genau zu sein, Greer ist nicht einfach ein neues Exemplar der Kontaktler. Er hat eine bestimmte Vorgehensweise, um Kommunikation mit Außerirdischen herzustellen, und wurde viele Male von großen Gruppen Gleichgesinnter begleitet. Mehrere Male hatten sie behauptet, zu einem großen Objekt Kontakt aufgenommen zu haben. Immer noch hat Greer es versäumt, die Tatsache des Kontaktes ausreichend zu dokumentieren. Er könnte gut tun, was er behauptet: Es gibt keinen Mangel an Leuten, die ihn in dieser Hinsicht unterstützen. Aber seinen eigenen Eingeständnissen zufolge (abrufbar von seiner Website http://www.cseti.org/), versagten Videokameras und andere elektronische Aufzeichnungsgeräte typischerweise im Moment der Wahrheit.

Genauer: Wie Adamski sagt auch Greer, die Außerirdischen seien uns im Wesentlichen gut gesinnt. Und auch Greer hat eine dringende Botschaft, die sich auf die Notwendigkeit konzentriert, im Weltraum stationierte Waffen zu eliminieren und einen Zusammenbruch des Ökosystems zu verhindern. Deshalb ist die enorme Anstrengung, die er zur Beendung der UFO-Geheimhaltung aufwendete, für sich alleine kein Ende für Greer. Vielmehr ist sie ein Mittel zum Zweck für ein klar definiertes Ziel, die Menschheit zu retten. Wie er oft sagte gleicht das Schicksal unserer Spezies einem Balanceakt.

Früher in den Fünfzigern und Sechzigern, als Keyhoe das Amt führte, Kongressanhörungen über UFOs zu erreichen, hielt dieser nicht nur Distanz zu den Kontaktlern, sondern zu allen Angelegenheiten, die die Mitglieder des Kongresses irritiert hätten. Eine Sache, auf die er immer und immer wieder zurückkam, war die Notwendigkeit, UFOs als potentielle Bedrohung der nationalen Sicherheit zu untersuchen, wenn auch nur wegen der Gefahren, diese mit sowjetischen Raketen zu verwechseln. Das war klug, da dies in der Tat in Teilen der Verteidigungsbehörden eine Beunruhigung zu dieser Zeit war. Ebenso war es innerhalb der Grenzen akzeptabler politischer Abhandlungen formuliert (z.B. stellte es die amerikanische Machtstruktur nicht als etwas böswilliges dar). Keyhoe fürchtete, seine Anlässe mit überschüssigem Reisegepäck zu belasten. Er wusste, dass der Kampf hart genug werden würde. In der Tat versagte Keyhoe trotzdem.

Greers große Pressekonferenz trug sicherlich überschüssiges Reisegepäck. Glücklicherweise war die Kontaktler-Sache nicht das Problem. Vielmehr präsentierte Greer über zwanzig Personen aus den Verteidigungsbehörden, die über UFO-Geheimhaltung sprachen und von denen einige ziemlich prominent sind. Viele Personen an einem Ort, die einzigartige, aber untereinander konsistente Aussagen trafen. Das war ein machtvolles Ereignis. Zusätzlich liefert das Briefing Book und die Zusammenfassung des Disclosure Project ein viel vollständigeres Bild. Viele Zeugen beschrieben ihre UFO-Begegnungen, während andere darüber sprachen, wie die Geheimhaltung funktioniert, und andere sprachen immer noch von den Gefahren, die Schweigevorschrift zu brechen:

„Er fragte nach meinen Aufzeichnungen ...dann bat er uns beide, eine Einwilligung zur Geheimhaltung zu unterschreiben, wobei er sagte, dies seien klassifizierte Informationen - wir durften dies nicht bei irgendjemandem veröffentlichen, und das war es.“
- Strategic Air Command Startkontrolleur

„Ein älterer Offizier diskutierte mit mir, was möglicherweise passieren könnte, wenn es zur Enthüllung kommt. Er sprach darüber, ausradiert zu werden und ich sagte: ,Mann, was meinst du mit ausradiert?’ Und er sagte: ,Ja, du wirst ausradiert werden - verschwinden.’ ...Diese Drohungen wurden gemacht und ausgeführt.“
- Brigadegeneral der Armee

„Und er erzählte mir: ,Wenn wir dich einfach raus in den Dschungel bringen, wird man dich nie da draußen finden....wenn du jemandem etwas erzählst, wirst du nur als vermisst gehalten....Wir werden das mit dir und deiner ganzen gottverdammten Familie tun.’“
- Marineinfanterist

Und so weiter.

Obwohl Greer Aufzeichnungen gesammelt zu haben scheint, die einige dieser Behauptungen unterstützen, wurde davon auf der Pressekonferenz herzlich wenig dargebracht. Stattdessen berief er sich hauptsächlich auf sein Versprechen, die Sachen vor dem Kongress darzubringen. Das wäre akzeptabel gewesen, hätte Greer seine Attacke nicht schwerwiegend abgemildert.

Jahre zuvor sah der unvergleichliche kubanische Schachmeister José Raul Capablanca die Sache folgendermaßen. Wenn man den feindlichen König direkt angreift, muss man ihn „mit ganzer Kraft hinrichten....Der Gegner muss auf alle Kosten überwunden werden; der Angriff kann nicht abgebrochen werden, da dies in jedem Fall eine Niederlage bedeutet.“

Vielleicht glaubte Greer, mit ganzer Kraft angegriffen zu haben. Er tat es nicht. Anstatt seinen Angriff auf den König auszurichten, verschwendete er zu viel Energie auf kleinere Dinge und schwächte deshalb seine Position.

Abgesehen von dem wichtigen Angriff am Montag Morgen, gab es zwei ernste Fehler an dieser Konferenz. Als erstes zog Greer zu viele Schlussfolgerungen. Als zweites waren seine Ziele zu weitreichend. Trotz seines Schwerpunktes auf der Präsentation der Fakten (was immer lobenswert ist), sprang er ihnen oft voraus. Das schadete nur seiner Glaubwürdigkeit.

Greer war gut innerhalb der Grenzen der verfügbaren Beweise, als er behauptete, dass (1) andere Wesen hier sind und dass (2) dies ein hochklassifizierter Informationsbereich innerhalb der USA und anderswo ist. Das ist mehr als genug für die Arbeit eines Tages. In einem Kampf wie diesem kann man nur eine große Sache zu einer Zeit beweisen. Der Öffentlichkeit die Realität des UFO-Phänomens zu beweisen und (der Kern der Sache) offizielle Anerkennung zu erlangen ist bei weitem genug, um damit fertig zu werden. Es war nicht die Aufgabe, offene Türen einzurennen, sondern die Skeptiker zu überzeugen, dass UFOs real sind, nicht von uns stammen und dass unsere Regierung das weiß. Bei weitem genug!

Aber Greer wusste nicht, wo er aufhören sollte. Er hatte wahrscheinlich recht, als er sagte, (3) die Projekte, die sich mit der Realität der Außerirdischen beschäftigen, seien der gesetzlichen Übersicht entflohen, zumindest seit den 1960ern, und dass (4) abgestürzte extraterrestrische Vehikel (ETVs) geborgen wurden. Er hatte vielleicht recht, dass (5) die geheime Welt bedeutende Fortschritte in Energieerzeugung und Antriebstechnik gemacht hat, basierend auf Studien der außerirdischen Technologie. Und, man erwartet es, es gibt einen Schimmer einer Chance, dass (6) diese versteckte Technologie, „wenn sie deklassifiziert und für friedliche Zwecke eingesetzt werden würde,“ (Greers Worte) „eine neue menschliche Zivilisation ohne Not, Armut und Umweltverschmutzung ermöglichen würde.“

Wie auch immer, für Greer gibt es keinen feinen Unterschied in solchen Angelegenheiten. Diese Schlussfolgerungen wurden gemacht als ob sie außer Frage ständen. Ich erlaube mir, anderer Meinung zu sein. Und das betrifft speziell seine Schlussfolgerungen über die Außerirdischen. Greer sagte viele Male, dass uns die Außerirdischen nicht feindlich gesinnt sind. Die Tatsache, dass wir „immer noch die freie Luft der Erde atmen,“ schrieb er, „ist eine reichliche Bezeugung der nicht-feindlichen Natur dieser außerirdischen Zivilisationen.“ Es tut mir sehr leid, aber das ist keine ausreichende Basis für so eine Schlussfolgerung. Ist es nicht möglich, dass Außerirdische der Menschheit gefährlich werden könnten, auch ohne dass sie uns ausrotten? Ja, ich denke, das ist gut möglich. Greer selbst umging seine Aussage manchmal, z.B. als er bemerkte, dass die Außerirdischen „vielleicht in Frieden hier sind.“ Das klingt für mich ein bisschen weniger überzeugend. Trotzdem baut Greer so sehr auf diese Annahme.

Was uns zum anderen großen Problem der Pressekonferenz führt: das weitreichende politische Programm. Man kann Greers Sinn für Dringlichkeit verstehen. Wenn Sie wie Greer denken, das die momentane Erzeugung von Waffen, die im Weltraum positioniert sind, nur die Außerirdischen befremden wird, wollen Sie vielleicht auch, dass diese demontiert werden. Viele stimmen ebenso mit Greer überein, dass unser Ökosystem am Rande des Zusammenbruchs steht. Es ist genauso möglich, dass unsere Umweltprobleme sich verbessern würden, wenn wir Zugang zu „freier Energie“ hätten (obwohl es ein Hirngespinst ist, zu glauben, dass die Probleme verschwinden würden).

Ob ich mit Greer in jedem Punkt übereinstimme oder nicht ist unwichtig. Gut informierte Leute können widersprechen und tun das. Aber Greers Pressekonferenz hatte einen speziellen Zweck: die Presse zu verwickeln und den Kongress zu überzeugen, offene Anhörungen zuzulassen. Man kann sich nicht an eine skeptische Presse und den Kongress wenden, als ob sie bereits Gläubige und Verbündete wären. Eine Person erzählte mir, Greers Team habe Zweifel, dass die UFO-Angelegenheit auf sich allein gestellt stark genug sein würde und dass der Waffen- und Energieaspekt einen besseren Hebel darstellen würde, um all das aufzubrechen. Wenn das so ist, scheinen sie fehl am Platze. Drei Monate sind vergangen und der Pressekonferenz ist es misslungen, die Unterstützung der Presse zu sammeln, und der Kongress schweigt weiter über die Angelegenheit. Was im Kongress geschieht ist manchmal schwer zu erkennen. Eine Quelle erzählte mir, dass die Pressekonferenz einige Diskussion hinter den Kulissen ausgelöst hätte, während eine andere Quelle mir erzählte, der Kongress wäre verantwortlich für die Beendigung einiger Initiativen, Leute zum Schweigen zu bringen. Die einzige klare Folge an dieser Stelle war es, dass die UFO-Sache mit dem beschmutzt wurde, was weithin als linksgerichtete politische Agenda wahrgenommen wird. Im übrigen scheint es tief in die allgemeine Gedächtnislücke gefallen zu sein.

Wie viel mächtiger wäre eine knappe konzentrierte Botschaft gewesen. Eine, die keine einfache Gegenwehr oder Abweisung erlaubt hätte. Einverstanden, dass im Weltraum stationierte Waffen ernste Folgen für die Anwesenheit der Außerirdischen haben können; es ist trotzdem eine schlechte Strategie, die UFO-Sache in diese politisch geladene Angelegenheit hineinzuziehen. Welcher mögliche Vorteil wird sich daraus ergeben? Man könnte argumentieren: „Die offene Vorgehensweise wurde erprobt und sie hat versagt. Es wird etwas besseres benötigt.“ Das denke ich nicht. Eine offene Präsentation von UFO-Daten wurde in der Tat über die Jahre versucht, aber immer hinter den Kulissen. Innerhalb des öffentlichen Bereichs fand die letzte vergleichbare Art von Präsentation während den Kongressanhörungen im Juli 1968 statt. Die Macht von Greers Zeugen hätte beträchtlich sein können, ungeschwächt durch eine politische Botschaft.

Für das Ende der UFO-Geheimhaltung zu kämpfen bedeutet, sich einer immens mächtigen und geheimen Gruppe entgegenzustellen, die nicht einfach den Tisch abräumt und wegspaziert. Diejenigen, die den Kampf aufnehmen, müssen sich nicht nutzlos offenbaren. Es ist nicht unbedingt Greers letztendliches Ziel, welches das Problem ist, ebenso wie seine fragwürdige Strategie, es zu erreichen. Unser Hauptdruck muss auf ein Ziel konzentriert bleiben: die offizielle UFO-Geheimhaltung zu beenden. Der einzige Weg, auf dem dies vollendet werden wird, ist eine methodische Ansammlung unbestreitbarer Fakten,  die in einer tadellosen Weise präsentiert werden, ohne zu debattieren, zu verheiligen, anderen vor den Kopf zu stoßen, zu politisieren oder die Welt zu retten.

In solch einer Weise könnte es uns tatsächlich möglich sein, uns und unsere Zukunft zu sichern. Das Spiel ist noch nicht vorbei, weder für Steven Greer noch für andere, die in den Kampf einzutreten wünschen. Morgen ist ein neuer Tag.


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