13.10.10Diesen Artikel drucken

Instrumentelle UFO-Forschung als Teil der Suche nach extraterrestrischer Intelligenz

Forscher sehen zunehmende Notwendigkeit aber auch veränderte Bedingungen für eine wissenschaftliche UFO-Forschung

Von: MUFON-CES

Jeder Aufsatz zur UFO-Forschung, der in einem wissenschaftlichen Journal erscheint, ist gewissermaßen ein besonderes Ereignis, denn es kommt nur alle paar Jahre vor. Ein 2005 im Journal of the British Interplanetary Society erschiener Aufsatz war beispielsweise der erste seit 1980. Nun ist der Aufsatz The lure of local SETI: Fifty years of field experiments in Acta Astronautica erschienen. Der Autor Philippe Ailleris schlägt darin vor, zur Beantwortung der Frage, ob außerirdische Zivilisationen existieren, nicht nur im All nach elektromagnetischen Signaturen intelligenten Ursprungs zu suchen. Stattdessen sollte auch hier auf der Erde mit Methoden der instrumentellen UFO-Forschung nach Anzeichen von Außerirdischen gesucht werden.

Die Suche nach elektromagnetischen Signaturen intelligenten Ursprungs wird als SETI (Suche nach extraterrestrischer Intelligenz) bezeichnet und seit 50 Jahren praktiziert. In dieser Zeit hätte SETI nicht nur keine Antwort geliefert, sondern zwei handfeste Paradoxa erzeugt, argumentiert Ailleris. Das Fermi-Paradoxon bezeichnet die Situation, dass extraterrestrische Intelligenz bislang unentdeckt geblieben ist, obwohl geschätzt wird, dass es allein in unserer Galaxis Millionen intelligente Zivilisationen geben müsste. Das zweite Paradoxon sei, dass trotz des Ausbleibens eines SETI-Beweises ein Großteil der Bevölkerung überzeugt sei, dass außerirdische Raumschiffe die Erde bereits besucht hätten. Letzteres hänge mit dem UFO-Phänomen zusammen:

Die Beständigkeit von UFO-Berichten seit einem halben Jahrhundert, die offenkundige Existenz von Fällen, die auch nach einer Untersuchung unidentifiziert bleiben, und die direkte Assoziierung mit außerirdischen Fluggeräten erzeugen ein enormes Interesse und geben dem Thema eine Aura des Mystischen, Faszinierenden, Kontroversen und Populären. Die Faszination der extraterrestrischen Hypothese zur Erklärung solcher UFO-Berichte taucht zu jeder denkbaren Gelegenheit wieder auf, und zweifellos wird dieses bis auf weiteres auch so bleiben.

Es gebe heute eine große Menge Daten zur Untersuchung des UFO-Phänomens. 2007 hatte als erstes Land Frankreich begonnen, seine UFO-Akten zu öffnen. Mittlerweile sind Großbritannien, Dänemark und Brasilien nachgezogen. Darüber hinaus hätten instrumentelle Feldstudien gezeigt, dass es möglich ist, das UFO-Phänomen auf rigorose und empirische Weise zu untersuchen. Außer früher Feldstudien der US Air Force (1950 und 1953) und der Operation Identification (Belgien, 1990) waren die meisten dieser Feldstudien das Ergebnis privater Initiativen: Project Magnet (Kanada, 1953), ein Projekt, bei dem Manetfeldsensoren zum Einsatz gekommen waren (Frankreich, 1963), die Topenish-Feldstudie (USA, 1972), Project Identification (USA, 1973), Project Starlight International (USA, 1975) und Project Hessdalen (Norwegen, seit 1983).

Die Hypothese, dass es sich bei UFOs um außerirdische Raumschiffe handelt, erscheine heute "nicht mehr so unmöglich wie noch vor Jahrzehnten", und sollte "nicht mehr systematisch abgelehnt werden", schlussfolgert Ailleris. UFO-Forschung könnte etwa in Verbindung mit Programmen der Atmosphärenforschung durchgeführt werden. "Auch wenn kein außerirdisches Raumschiff entdeckt wird, besteht immer noch die Möglichkeit, dass ein unbekanntes Naturphänomen entdeckt wird", schreibt Ailleris. Da private UFO-Forschungsorganisationen weder die benötigten technischen, personellen noch finanziellen Mittel hätten, seien Formen der Kooperation zwischen öffentlichen, privaten und staatlichen Einrichtungen wünschenswert.

Wegweisend sei die Operation Identification der belgischen Luftstreitkräfte in Zusammenarbeit mit der privaten Belgischen Gesellschaft zur Erforschung von Weltraumphänomenen (SOBEPS, heute COBEPS) gewesen, als es 1990 darum ging, die schwarzen Dreiecke zu identifizieren, die schon seit Monaten lautlos über Belgien flogen. Aufgrund der Größe der Bedeutung der Entdeckung anderer Zivilisationen sei es zu wünschen, "dass man sich ihr so ernsthaft wie möglich und mit Unterstützung der Scientific Community nähert", schließt Ailleris.

Veränderung der öffentlichen UFO-Diskussion

Philippe Ailleris ist Initiator des Unidentified Aerospace Phenomena (UAP) Observations Reporting Scheme. Dieses Projekt hat die Ziele, UFO-Sichtungen durch Astronomen zu sammeln und die Öffentlichkeit für das UFO-Phänomen und dessen wissenschaftliche Untersuchung zu interessieren. Bereits im Mai 2010 hatte eine Kommission der Aeronautischen und Astronomischen Gesellschaft Frankreichs den Stand der UFO-Forschung in Frankreich zusammengefasst und gefolgert, dass UFOs wahrscheinlich außerirdischen Ursprungs seien.

Die Gesellschaft zur Untersuchung anomaler atmosphärischer und Radar-Erscheinungen (MUFON-CES), der zentraleuropäische Arm des internationalen Mutual UFO Network, begrüßt die Forderung einer wissenschaftlichen UFO-Forschung und der Ergänzung von SETI durch Methoden der empirischen UFO-Forschung. "UFOs sind real, weil sie in physikalische Wechselwirkung mit ihrer Umgebung treten, und das macht sie der instrumentellen Messung prinzipiell zugänglich", sagt der Astrophysiker und Vorsitzende von MUFON-CES, Illobrand von Ludwiger. Zu diesen Wechselwirkungen gehören etwa Radarmessungen, Verbrennungen, Abdrücke im Boden, Magnetisierungen oder Schwerkrafteffekte. "Das UFO-Phänomen ist so außergewöhnlich, dass Hypothesen über einen extraterrestrischen, extratemporalen oder interdimensionalen Ursprung nicht nur gerechtfertigt sondern notwendig sind. Die derzeitige SETI-Forschung wird uns der Beantwortung der Frage nach der Existenz von Außerirdischen kein Stück weiterbringen – sie lenkt eher ab."

"An Daten zum Studium des UFO-Phänomens mangelt es wahrlich nicht", sagt auch Hannes la Rue, Leiter der Arbeitsgruppe Datenverarbeitung von MUFON-CES. In Studien, die im Auftrag der Regierungen der USA (1956 und 1969), der ehemaligen Sowjetunion (1980) und Frankreichs (1987 bis heute) durchgeführt worden sind, konnten mindestens 1423 Flugobjekte nicht identifiziert werden. "Privat forschende Wissenschaftler haben inzwischen rund 100 Mal mehr Fälle gesammelt", schätze Rue, "das Problem ist, dass es keine systematische Erfassung und Sammlung gibt." Bis 1983 führte MUFON-CES einen Katalog mit 1319 UFO-Fällen seit 1930, wo es zu physikalischen Wechselwirkungen gekommen war.

MUFON-CES beobachtet seit einigen Jahren eine Veränderung der öffentlichen Diskussion des UFO-Phänomens. Wissenschaft und Politik seien dazu übergegangen, Begriffe wie "unidentifiziertes atmosphärisches Phänomen" (UAP) zu verwenden. "Keine Regierung kann sich hinstellen und sagen, UFOs seien real, wenn die Bevölkerung UFOs mit außerirdischen Raumschiffen gleichsetzt", sagt Ludwiger. Neben Ländern wie Frankreich oder Brasilien hat das Militär von Mexiko, Chile und Peru eine gewisse Offenheit gegenüber dem UFO-Phänomen gezeigt. Angesichts derartiger Entwicklungen sieht der Zukunftsforscher John Petersen den Druck besonders auf die US-Regierung wachsen. Benötigt werde ein Ort, an dem diese Dinge offen und ohne Furcht diskutiert 
werden können. "Dieser Ort muss die Wissenschaft sein", fordert Rue. "Ailleris hat gezeigt, dass es möglich ist, in einem wissenschaftlichen Journal über UFOs zu schreiben. Vielleicht sollten wir alle etwas mutiger sein und entsprechende Aufsätze einreichen."

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